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Warum wir Kohlenhydrate lieben - “carving for carbs”

Törtchen, Schokolade, Keks - süß und wirklich lecker. Würde einem die low carb Diät keinen Strich durch die Rechnung machen, äße man wahrscheinlich pausenlos davon. Doch ganz auf Kohlenhydrate muss man nicht verzichten...

von Theresa
19/4/2020

Warum wir Kohlenhydrate lieben oder die Tragödie “Carving for carbs”


Sie sind eigentlich in fast allem zu finden. Egal ob wir Gemüse, Obst, Getreide oder Süßigkeiten essen - Kohlenhydrate stecken mit drin. Low carb Diäten erfreuen sich seit den 1990er Jahren große Beliebtheit aufgrund der sogenannten Atkins-Ernährungsweise. Aber was steckt denn wirklich hinter diesen Kohlenhydraten?


Kohlenhydrate sind nicht gleich Kohlenhydrate

Wer kennt das? Ich esse eine Schüssel süße Schokopops oder Knuspercrunchies oder ähnliche Produkte aus dem Supermarkt, werde von dieser Schüssel nicht satt oder brauche nach einer Stunde wieder etwas zu essen, esse wieder eine Schüssel und fühle mich danach müde und voll gegessen. Ich esse aber nun eine Schüssel mit Müsli, das aus Haferflocken, Nüssen und Früchten besteht, die ich frisch dazu gegeben habe, brauche für den Morgen nur diese Schüssel und fühle mich nach dem Verzehr gestärkt und fit für den Tag.

Auch bei Kohlenhydraten gilt: Nicht alle sind gleich und wir müssen die Richtigen finden, die uns helfen, aktiv durch den Alltag zu kommen.


Aber was sind Kohlenhydrate denn nun?

Ein viel geläufigeres Wort für Kohlenhydrate ist Zucker. Fragt man einen Chemiker, kennt der eine ganze Reihe Moleküle, die im chemischen Sinn Zucker genannt werden können. Unser Körper arbeitet allerdings mit einem ganz besonders gern und viel. Dieser Zucker heißt Glucose.



Ernährungsmythos: Zucker ist nicht wichtig für den Körper

Das ist nicht richtig, denn für unseren Körper ist Zucker, besser gesagt Glucose, eine sehr wichtige Energiequelle. Besonders unser Gehirn und die Nervenzellen drum herum ernähren sich viel von Glucose. Fällt der Glucosespiegel in unserem Blut zu stark ab, kann dies zu Konzentrations- und Bewusstseinsproblemen führen.

Wie wichtig es demnach ist, unser Gehirn richtig und ausreichend zu ernähren, zeigt sich daran, dass das menschliche Gehirn nur etwa 2% von unserem Körpergewichts ausmacht, aber 20% der gesamten Glucose, die im Körper ist, bedarf.

Aus diesem Grund ist der Körper in der Lage, Glucose selber herzustellen. Genauer schafft dies unsere Leber. Es wäre viel zu gefährlich für unser Gehirn, nicht die ganze Zeit gut mit Glucose versorgt zu werden. Also baut die Leber Glucose selber.



Medizinwissen

Der Vorgang wird Gluconeogenese genannt. Die Leber braucht dafür aber natürlich gewisse Bausteine, die sie verwenden kann: Aminosäuren, also die Grundelemente der Proteine, auch Eiweiße genannt - vorwiegend die Aminosäure Alanin; Laktat und Glycerin.


Es gibt zwei große Gruppen: Einfachzucker und komplexe Zucker
Einfachzucker

tragen diesen Namen, da sie aus einem oder zwei Zuckermolekülen bestehen. Dazu gehören Glucose, Fructose, Galactose, Lactose, Maltose oder Saccharose.

Da sie so klein sind können sie schnell von unserem Darm aufgenommen werden und landen somit sehr flott nach dem Essen im Blut und damit im ganzen Körper.

Wo steckt der Einfachzucker drin? Fructose verrät uns schon anhand des Namens, dass sie viel in Früchten vorkommt. Ebenso beispielsweise Lactose, die in Milch und Milchprodukten enthalten ist.  

Was ist nun so schlimm am Einfachzucker?

In vielen Fertiggerichten oder sogenannten “processed foods” ist ebenfalls Einfachzucker, meist Saccharose, enthalten. Das fast immer in sehr hohem Maße. Unser Körper bekommt einen schnell, großen Schub Zucker ins Blut und reagiert sofort. Der Blutzucker wird streng vom Körper überwacht. Zu viel zu lang, wirkt schädigend auf z.B. die Blutgefäße. Sofort drückt der Körper daher den Zucker aus dem Blut in Zellen. Es folgt schnell ein eher niedriger Blutzuckerspiegel. Für uns bedeutet das: Wir sind erneut hungrig, müde und unkonzentriert.
Der Vorteil an Nahrungsmitteln wie Früchten, Joghurt usw. ist, dass einerseits nicht so viel Zucker pro Stück enthalten ist - die Natur hat eine Orange genau so verpackt, dass sie reichhaltig, aber nicht übermäßig voll ist. Andererseits enthalten unverarbeitete Produkte auch Vitamine, Mikronährstoffe und Ballaststoffe, sodass der Zucker nicht zu schnell vom Darm zerlegt und aufgenommen werden kann. Starke Schwankungen im Blutzuckerspiegel bleiben damit aus.



Komplexe Zucker

oder Kohlenhydrate werden auch Polysaccharide genannt, da sie aus vielen kleinen Zuckereinheiten, z.B.viel Glucose hintereinander bestehen. Da der Darm zunächst alle Essensbestandteile zerkleinert bis zur kleinsten Einheit und dann aufnimmt, ist verständlich, dass er bei komplexen Kohlenhydraten deutlich länger braucht.

Wo stecken komplexe Kohlenhydrate drin? Diese Form des Zuckers wird auch Stärke genannt. Sie kommt in Getreide und damit auch in Mehl, Brot oder Nudeln vor. Kartoffeln sind ebenfalls stärkehaltig.



Medizintipp

Low carb ist en vogue. Macht man sich jedoch die Dauer, bis einfache und komplexe Kohlenhaydrate aufgenommen werden und wie sich eine schnelle Aufnahme auf unser Hungergefühl auswirkt, versteht man, dass es nicht sinnvoll ist, Nudeln und Brot aus dem Essen zu streichen, dafür gesüßten Joghurt oder Müsliriegel zu essen.

Auch sind Datteln, Honig, Ahornsirup oder Trauben natürliche Produkte, die aber alle viel Zucker enthalten. Sie sollten also mit Maßen konsumiert werden.


Ein Trip in die Physiologie des Körpers - wie funktioniert das eigentlich mit dem Zucker im Körper?

Stellen wir uns vor, wir essen zum Frühstück ein Brot mit Marmelade. Das Brot enthält komplexe Kohlenhydrate, die Marmelade Einfache. Beide landen im Mund, Magen und Darm. Auf dem Weg werden sie immer weiter zerkleinert bis zu den einzelnen Grundsteinen. Über Transporter in der Darmwand gelangt der Zucker in die Blutgefäße. Jetzt wird die Bauchspeicheldrüse aktiv. Sie bemerkt den Zuckeranstieg und setzt Insulin frei. Das ist ein Hormon, ein Botenstoff, der vielen Zellen sagt, sie sollen den Zucker aus dem Blut aufnehmen. Es fungiert sozusagen als Schlüssel. Ohne Insulin können Körperzellen kaum Zucker aufnehmen. Dazu gehören vor allem Muskelzellen, Fettzellen und Herzzellen.

Ist zu viel Zucker da, speichern Leber und Muskeln alles in Form von Glycogen, der Verpackungsform von Zuckerreseven in unserem Körper. Fehlt Energie oder brauchen wir mal mehr, wird dieses Glycogen wieder freigesetzt. Diesmal vermittelt ein anderes Hormon: Glucagon. Es wird ebenfalls von der Bauchspeicheldrüse gebildet. Das ganze ist ein sensibles Wechselspiel, dass sich immer wieder auf einen gesunden Wert einstellt. Zu viel Zucker über zu lange Zeit kann das Gleichgewicht jedoch stören und führt zu Schäden. Aber auch zu wenig Blutzucker tut uns nicht gut. Wir haben schon lange nichts mehr gegessen, waren aktiv, haben uns viel bewegt. Jetzt sind alle Reserven im Körper aufgebraucht und wir fühlen uns zittrig, unsicher auf den Beinen und schwitzen.



Fazit:

  • die Menge an die Aktivität und den Bedarf anpassen
  • Bewegen wir uns nicht viel, brauchen wir auch nicht so viele Kohlenhydrate um die Glykogenspeicher im Körper wieder aufzufüllen
  • Komplexe Kohlenhydrate essen, um nicht in ein Blutzuckertief und Hunger zurückzufallen
  • Generell können Kohlenhydrate aber getrost im Essen bleiben


In Maßen

Sollten wir verarbeitete, gezuckerte Nahrungsmittel genießen. Ein gute Wert ist hier nicht mehr als 5g Zucker pro 100g.

Dazu gehören

  • Schokolade
  • Süßigkeiten
  • Kuchen
  • Softdrinks
  • Fertigsaucen und Dips
  • Fruchtsaftkonzentrate
  • Gesüßte Frühstückscerealien
  • Müsliriegel


Mit Bedacht

Sollten wir Einfachzucker aus unverarbeiteten, natürlichen Nahrungsmitteln essen. Sie alle enthalten wichtige Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe, aber auch viel Zucker.

Dazu gehören

  • Früchte, vor allem Bananen und Trauben
  • Fruchtsäfte
  • Honig
  • Ahornsirup
  • Getrocknete Früchte
  • Milch und Milchprodukte


Mit Genuss

Sollten wir alle Arten von Zucker, auch die Schokolade essen. Bei dieser Gruppe geht es aber auch ganz ohne schlechtes Gewissen.

Zu den komplexen Kohlenhydraten gehören

  • grünes Gemüse, so Spinat und Grünkohl
  • Vollkornprodukte, so Quinoa, Reis, Hafer, Roggen
  • Süßkartoffeln
  • Hülsenfrüchte, so Bohnen, Erbsen und Linsen

Kontakt

Theresa Fischer

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